So lebendig kann Kirche sein

So lebendig kann Kirche sein: Eindrücke vom Gründergeist-Gipfeltreffen 2024

Am 19. Oktober 2024 herrschte eine besondere Stimmung im CVJM-Haus in Hochstetten bei Karlsruhe. Rund 200 Kirchenpionier:innen kamen zusammen, um beim „Gründergeist-Gipfeltreffen“ einen Tag voller Inspiration, Vernetzung und neuer Ideen zu erleben. Das ökumenische Format brachte Menschen aus verschiedensten Bereichen zusammen, die frische, ergänzende Formen von Kirche initiieren und gestalten möchten. Der Tag war eine Mischung aus Festival, Workshop und Begegnungsort – mit einem klaren Ziel: Aufbruch und Erneuerung in der Kirche zu fördern.

Das „Festival für frische Formen von Kirche“ wurde musikalisch von „Central Arts“, einem internationalen Künstler:innen-Kollektiv, eröffnet. Ihre Mischung aus modernen Worship-Liedern, einer neuen Version von „Lobe den Herren“ und einem Taizé-Lied setzte gleich zu Beginn den passenden Ton: Kirche darf und soll vielfältig und lebendig sein. Mitorganisator Tobias Aldinger von der Erzdiözese Freiburg brachte es auf den Punkt, als er die Teilnehmenden ermutigte:

„Lebe deinen christlichen Glauben in deinem Stil und auf deine Weise. Wir brauchen diese Weite.“

Ein Gedanke, der den gesamten Tag prägte.

Tradition trifft Innovation – und Exnovation

Einer der Schwerpunkte des Gipfels war die Frage, wie Tradition und Innovation zusammengeführt werden können. Miriam Hechler, Pfarrerin für Innovation und Neue Aufbrüche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, betonte in ihrem Beitrag: „Wir schätzen die kirchlichen Traditionen und gleichzeitig suchen wir nach neuen Wegen, Glaube heute zu leben. Neuaufbrüche verstehen wir als ein geistliches Geschehen, das die ursprüngliche Idee von Kirche neu in den Kontext setzt.“

Prof. Dr. Sandra Bils, Referentin für strategische Transformation bei midi Berlin (Evangelische Kirche in Deutschland), formulierte es in ihrem Hauptvortrag so: „Gründen ist ja nie aus dem Nichts heraus. Wir setzen immer an, bei dem was es schon gibt.“ Sie erinnerte daran, dass „Ekklesia“ – Kirche – nicht nur ein selbstorganisiertes Cliquentreffen ist, sondern eine Gemeinschaft, die von Gott herausgerufen ist – das bedeute auch ein Rausgehen aus eigenen Räumen. Sie fügte der Tradition und Innovation noch die Exnovation hinzu mit der Frage:

„Wie viel Zeit meines kirchlichen Engagements investiere ich in Fortsetzen von Bisherigem, Anfangen von Neuem und bewusstes Beenden und Verlernen? – Wo schneidet ihr auch mal bewusst alte Zöpfe ab und sagt, das war gut, aber hat auch seine Zeit gehabt?“

Ein Blick über den Tellerrand: Erfahrungen aus der FreshX-Bewegung in England

Eine spannende Perspektive brachte Tina Hodgett (https://tinahodgett.net/), Priesterin der anglikanischen Kirche, ein. Sie berichtete von der FreshX-Bewegung in England, die Menschen dazu ermutigt, kirchliche Gemeinschaften auf neue und unkonventionelle Weise zu gründen. Hodgett erinnerte daran, dass der Begriff „Pionier“ im Deutschen als „Anfänger“ verstanden werden kann – ein Anknüpfungspunkt, der zeigt, wie Jesus selbst mit vielen Traditionen gebrochen und sie neu interpretiert hat. Auch heute sei es wichtig, Neues auszuprobieren und nicht vor ungewöhnlichen Wegen zurückzuschrecken.

Praktische Tipps: Wie wird man Gründer:in?

Daniel Terner, Startup-Berater aus Hamburg, machte in seinem Beitrag deutlich, dass das Gründen einer neuen Initiative auch spielerische Elemente hat. Er verglich den Start eines Projekts mit dem Kinderspiel Topfschlagen:

„Manchmal weiß man am Anfang nur ungefähr, wo es hingehen soll. Wichtig ist, sich mutig auf die Knie zu begeben und sich immer wieder der Zielgruppe zu nähern. Nur im kontinuierlichen Austausch können wir sicherstellen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

Netzwerken, Lernen und Ermutigen

Das Gründergeist-Gipfeltreffen bot nicht nur inspirierende Vorträge, sondern auch zahlreiche Gelegenheiten, in Workshops tiefer in die Themen einzutauchen und sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Viele Teilnehmende schätzten besonders den praxisnahen Charakter der Veranstaltung. Zwischen den Vorträgen blieb genug Zeit, um Ideen zu diskutieren, Erfahrungen zu teilen und neue Kontakte zu knüpfen.

Felix Goldinger, Mitorganisator und Leiter der Stabsstelle Innovation und Transformation im Bistum Speyer, zeigte sich begeistert: „Die Resonanz war überwältigend. Die Energie, die hier spürbar war, soll ermutigen, in den eigenen Gemeinden frische Formen von Glaube und Kirche zu starten.“

Was ist Gründergeist?

Die Gründergeist-Bewegung ist ein lebendiges ökumenisches Netzwerk von Christ:innen und dem CVJM in Baden-Württemberg und der Pfalz. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen zu vernetzen und zu inspirieren, die auf der Suche nach neuen Wegen der kirchlichen Gemeinschaft sind. Mit Angeboten wie Starterkursen, Lernreisen, Coaching und dem jährlichen Gipfeltreffen bietet das Netzwerk vielfältige Möglichkeiten, sich weiterzuentwickeln und frische Ideen zu realisieren. Das nächste Gipfeltreffen findet am 11. Oktober 2025 statt – ein Datum, das sich schon jetzt viele im Kalender markieren sollten. Weitere Informationen unter www.gruendergeist.info


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