Mut, Kunst und Aufbruch – Gründergeist-Gipfeltreffen 2025 zeigt, wie Kirche Zukunft wagt

Wie lebendig Kirche sein kann, wenn Menschen mit Ideen, Glauben und Mut zusammenkommen – das hat das Gründergeist-Gipfeltreffen 2025 eindrucksvoll gezeigt. Über 200 Teilnehmende aus den Kirchen Baden-Württembergs und der Pfalz kamen in St. Maria in Stuttgart zusammen – einer Kirche, die selbst zum Experimentierraum geworden ist: offen für die Ideen der Menschen, mitten in der Stadt, mitten im Leben.

Gemeinschaft, die verwandelt

„Beim Gründergeist-Gipfeltreffen spürt man, was Kirche sein kann, wenn Menschen gemeinsam Neues wagen: ehrlich, mutig und von einer tiefen Sehnsucht getragen, dass Glaube heute Gestalt gewinnt“, sagt Felix Goldinger, Leiter der Stabsstelle Innovation und Transformation im Bistum Speyer.

„Es geht nicht um große Programme, sondern um Menschen, die aufbrechen – mit dem Vertrauen, dass Geistkraft etwas in Bewegung bringt.“

Von Anfang an lag eine besondere Energie in der Luft: Menschen, die Kirche neu denken, erprobte Initiativen und junge Projekte, Suchende und Gestaltende – sie alle fanden hier Raum für Begegnung, Austausch und geistliche Tiefe. „Ich habe inmitten der Strukturprozesse unserer Kirche so viel Ermutigung und Inspiration gefunden – auch in spiritueller Hinsicht“, erzählt eine Teilnehmerin aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Von Herzen sprechen – mit Kunst, Glauben und Verletzlichkeit

Ein besonderer Höhepunkt des Tages war der Auftritt von Scott Erickson, Künstler, Autor und spiritueller Erzähler aus den USA.

In seinen Sessions lud er die Teilnehmenden ein, die Kirche als „Community of Transformation“ zu sehen – als Ort, an dem Herzen verwandelt werden können. Er sprach darüber, wie Kunst helfen kann, das Dunkel des Lebens in etwas Heilsames zu verwandeln.

„Sowohl Kunst als auch Spiritualität können uns lehren, wer wir eigentlich sind, wenn sich alles verändert“,

sagte er. Viele spürten: Diese Worte treffen den Nerv einer Kirche im Wandel.

Mutige Ideen, bunte Vielfalt

Bereits der Auftakt zeigte, wie viel Bewegung im Gründergeist steckt: Fünf innovative Gründungen im kirchlichen Feld wurden beispielhaft vorgestellt: ein Doppelstockbus als Glaubens-Begegnungsort in Karlsruhe, eine christliche Wohngemeinschaft in Mannheim, ein Ort zum Ruhefinden und für Gespräche in einer alten Eisdiele in der Pfalz – vorgestellt von Claudia Fischer, Pionierin aus Speyer – sowie die erste christliche Gemeinde in Heidelberg, die bewusst für queere Menschen gegründet wurde.

Claudias Pitch machte vielen Mut, klein anzufangen, der Geistkraft etwas zuzutrauen und Verbündete zu suchen, die gemeinsam den ersten Schritt wagen. Auch die anderen Pionierinnen aus Speyer waren beim Gipfeltreffen dabei. Sie alle bringen auf ihre Weise das ins Leben, was Gründergeist ausmacht: Kirche neu denken, Räume öffnen, Vertrauen säen.

Am Nachmittag ging es in die Praxis: Zehn Workshops luden dazu ein, zu experimentieren, zu beten, zu gestalten und zu vernetzen. Einer davon kam aus Speyer: „Wenn G:tt Verstecken spielt“ – eine theologische und geistliche Spurensuche im säkularen Raum mit Felix Goldinger. Ausgangspunkt war die Erfahrung, dass viele Menschen heute ohne religiöse Sprache und ohne Kirche leben – und doch nach Sinn, Beziehung und Orientierung fragen. Anhand des Bildes vom Versteckspiel G:ttes entstand eine Bewegung vom Wahrnehmen zum Deuten und Gestalten: Nicht G:tt fehlt, sondern unsere Aufmerksamkeit für das, was schon da ist. Kirche ist nicht Lückenfüllerin, sondern Wahrnehmungsgemeinschaft.

Im Dialog im Geist wurde dieses Hören gemeinsam geübt – ein Raum, in dem Resonanz wichtiger war als Argument. In der anschließenden Co-Creation entstanden kleine, ehrliche Schritte: Haltungen, die G:tt im Alltag aufspüren – aufmerksam, mutig, spielerisch. Denn: Versteckspielen mit G:tt macht Spaß. Es braucht Bewegung, Neugier und Vertrauen – und die Offenheit, G:tt dort zu entdecken, wo niemand sucht. Überall entstand das, was viele als das Besondere des Gipfeltreffens beschreiben: Begegnung auf Augenhöhe und echte Ermutigung.

Im abschließenden Vortrag entschlüsselte Jele Mailänder (midi, Innovationsstelle der EKD) anhand von Erfahrungen in der kanadischen Wildnis die Grundsituation von Gründerpersonen: Neuland bringt Ungewissheit mit sich.

Deshalb braucht es Vernetzung unter den Aufbrechenden – wie in einem Wurzelsystem – und das Vertrauen darauf, dass auch aus Scheitern neues Leben wachsen kann.

Wachsam bleiben – und verbunden

„Kein Mensch baut die Kirche, sondern Christus allein“, erinnerte Mailänder mit einem Zitat von Dietrich Bonhoeffer.

Musikalisch getragen wurde der Tag von Heike Ostertag und ihrer Band, die mit großem Einfühlungsvermögen zwischen Energie und Andacht balancierte.

Segen für die, die Neues wagen

Zum Abschluss standen Segen und Zuspruch: ein gemeinsamer Moment, in dem sich die Teilnehmenden gegenseitig in den Blick nahmen – als Menschen, die träumen, suchen, zweifeln, anfangen. „Ich erlebe hier so eine wohlwollende Atmosphäre, die Veränderung sucht und Menschen zusammenbringt. Das tut gut!“, sagte ein Teilnehmer aus der evangelisch-methodistischen Kirche.

Stimmen aus dem Team

„Das Gipfeltreffen war tief, wild und bunt – in den Vorträgen, in der Vernetzung, in der Atmosphäre“, fasst Tim Kaufmann (Evangelische Kirche der Pfalz) zusammen.

Sue Grimbacher (Diözese Rottenburg-Stuttgart) ergänzt: „Die Bilder von Scott Erickson waren fantastisch für Menschen in Veränderungsprozessen. Sie haben eine neue spirituelle Tiefe eröffnet.“

Und Tobi Wörner (Evangelisches Jugendwerk in Württemberg) resümiert: „Richtig gute Leute, richtig viel Inspiration, Vernetzung und Ermutigung – das Gipfeltreffen ist immer Anschubkraft für Gründer:innen in unseren Kirchen.“

Ein Netzwerk des Aufbruchs

Das Gründergeist-Gipfeltreffen wird organisiert von der Gründergeist-Bewegung, einem ökumenischen Netzwerk im Südwesten Deutschlands. Ziel ist es, Menschen mit einer Sehnsucht nach neuen, lebendigen Formen von christlicher Gemeinschaft zu vernetzen, zu inspirieren und zu ermutigen – durch Online-Kurse, Lernreisen, Coaching und das jährliche Gipfeltreffen.Getragen wird Gründergeist von den evangelischen Landeskirchen in Baden, Württemberg und der Pfalz, der Diözese Rottenburg-Stuttgart, der Erzdiözese Freiburg, dem Bistum Speyer, dem CVJM Baden und dem Evangelischen Jugendwerk in Württemberg, der Arbeitsgemeinschaft Missionarischer Dienste sowie der evangelisch-methodistischen Kirche.

Weitere Infos unter www.gruendergeist.info und @gruendergeist.info.


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